Rippenfellkrebs zählt mit rund 90 Neuerkrankungen pro Jahr in Österreich zu den selteneren Krebserkrankungen. Die Tendenz ist allerdings steigend. Rippenfellkrebs gilt als eine sehr aggressive Krebserkrankung, die mit Asbest in Zusammenhang gebracht und standardmäßig mit einer Kombination aus Chemotherapie, Chirurgie und Strahlentherapie behandelt wird. Da die Tumorart häufig Resistenzen gegen Chemo- und Strahlentherapie entwickelt, ist die Prognose sehr schlecht.
Um die Therapieoptionen beim Pleuramesotheliom zu verbessern, wurde 2008 am CCC eine interdisziplinäre Forschungskooperation initiiert, die sich sehr erfolgreich der präklinischen Entdeckung und Entwicklung von Therapeutika für das maligne Pleuramesotheliom beschäftigt. In ihrer neuesten präklinischen Arbeit untersuchten die WissenschafterInnen der Plattform die Wirkung von Trabectedin beim Rippenfellkrebs. Trabectedin ist ein Wirkstoff, der in der karibischen Seescheide vorkommt, für Therapiezwecke synthetisch hergestellt und in der Klinik unter anderem bereits erfolgreich bei bösartigen Tumoren des Weichteilgewebes und bei Eierstockkrebs eingesetzt wird.
Kombination verbessert Wirkung
Die ForscherInnen rund um Walter Berger, stellvertretender Leiter der Instituts für Krebsforschung der MedUni Wien, und Alireza Hoda, Klinische Abteilung für Thoraxchirurgie der Universitätsklinik für Chirurgie der MedUni Wien/AKH Wien, konnten bereits in früheren Arbeiten nachweisen, dass Trabectedin sehr gut gegen Tumorzellen wirkt, gesunde Zellen des Rippenfells aber nur wenig beeinflusst. Des Weiteren konnten sie deutliche Synergien mit Cisplatin, einem Standardtherapeutikum, nachweisen. Um mögliche weitere Kombinationstherapien mit Trabectedin zu entwickeln, wurden Genom-Signaturen von Zellen, die empfindlich auf die Gabe von Trabectedin reagierten mit Zelllinien verglichen, die weniger sensitiv waren.
Berger: „Wir konnten mit bioinformatischen Mitteln zeigen, dass die vermehrte Bildung des Proteins bcl-2, das den Zelltod verhindert, die Wirksamkeit von Trabectedin vermindert.“ Folglich behandelten die WissenschafterInnen die bösartigen Zellen mit einer Kombination aus Trabectedin und den bcl-2 Hemmstoffen Obatoclax und Venetoclax. Hoda. „Wird Trabectedin mit diesen bcl-2 Hemmern kombiniert, zeigt sich eine deutliche Verbesserung bei der Vernichtung der bösartigen Rippenfellkrebs-Zellen. Trabectedin scheint daher eine neue, wirksame und sichere Therapieoption bei dieser Erkrankung zu sein.“ Diese präklinischen Ergebnisse wurden soeben von ersten positiven Zwischenergebnissen einer klinischen Studie in Italien bestätigt.
Berger: „Auch in der Welt der Betroffenen trifft die Studie auf großes Interesse. Das sieht man daran, dass die Publikation des Comprehensive Cancer Centers bereits in mehreren wichtigen internationalen Asbest- und Mesotheliom-Foren (wie z.B. asbestos.com) online gepostet und diskutiert wurde.
Über Mir Alireza Hoda
Mir Alireza Hoda, 1978 in Teheran geboren, und als Flüchtling nach Österreich gekommen, promovierte 2006 an der Medizinischen Universität Wien mit einer Dissertation zum Thema „Adipozytokine und bariatische Chirurgie“. Seit 2006 arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinischen Abteilung für Thoraxchirurgie und seit 2008 am Institut für Krebsforschung. 2009 begann Alireza Hoda sein PhD-Studium zum Thema “ Genomic and gene expression alterations in malignant pleural mesothelioma: clinical and biological impact“. Der Arzt und Wissenschafter konnte bereits mehrere Forschungsgrants einwerben, ist Träger von Preisen und Reisestipendien verschiedener nationaler und internationaler Gesellschaften und aktiv als Vortragender in Fach- und Laienveranstaltungen involviert.
Über Walter Berger
Walter Berger wurde 1963 in Reichraming in Oberösterreich geboren. Nach Beendigung seines Biologie- und Germanistikstudiums war er drei Jahre als Projektmanager bei Hoechst Austria tätig. Sein Interesse an der Wissenschaft veranlasste ihn dazu, in die Forschung zurückzukehren und am Institut für Krebsforschung seine Doktorarbeit zu verfassen. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Universität Cambridge, UK, habilitierte er 2001 an der Universität Wien zum Thema Therapieresistenz in der Onkologie. 2010 wurde Berger die stellvertretende Leitung des Instituts für Krebsforschung der MedUni Wien übertragen. Im November 2013 wurde er zum Universitätsprofessor für Angewandte und Experimentelle Onkologie am Institut für Krebsforschung (IKF) der MedUni Wien berufen. Darüber hinaus ist der Krebswissenschafter aktives Mitglied des Comprehensive Cancer Center der MedUni Wien und des AKH Wien.
Über die Forschungskooperation
Die Forschungskooperation zur präklinischen Entdeckung und Entwicklung von Therapeutika für das maligne Pleuramesothelom wurde 2009 ins Leben gerufen. Seitdem konnten bereits einige sehr erfolgreiche Projekte entwickelt und durchgeführt werden. An der Kooperation sind die Klinische Abteilung für Thoraxchirurgie der Universitätsklinik für Chirurgie der MedUni Wien und des AKH Wien (Alireza Hoda, Walter Klepetko) sowie die Forschungseinheit für Angewandte und Experimentelle Onkologie des Instituts für Krebsforschung der MedUni Wien (Walter Berger, Michael Grusch) beteiligt.
Service: „Trabectedin is active against malignant pleural mesothelioma cell and xenograft models and synergizes with chemotherapy and bcl-2 inhibition in vitro“
Mir A. Hoda, Christine Pirker, Yawen Dong, Karin Schelch, Petra Heffeter, Kushtrim Kryeziu, Sushilla van Schoonhoven, Thomas Klikovits, Viktoria Laszlo, Anita Rozsas, Judit Ozsvar, Walter Klepetko, Balazs Döme, Michael Grusch, Balazs Hegedüs and Walter Berger
Molecular Cancer Therapy, 2016 Oct;15(10):2357-2369. DOI: 10.1158/1535-7163.MCT-15-0846 Published 16 September 2016