Skip to main content English

Forscher identifizieren Fibroblasten als wichtige Ursache für die Aggressivität des Pleuramesothelioms

Das Pleuramesotheliom ist eine besonders aggressive Krebserkrankung, obwohl kaum Mutationen in wachstumsstimulierenden Onkogenen vorkommen. In einer kürzlich veröffentlichen Studie, gelang es Forschern der Medizinischen Universität Wien und der Universität Wien erstmals Fibroblasten aus Tumorgewebe von Mesotheliompatient:innen zu isolieren und deren maßgeblichen Einfluss auf die Aggressivität der Tumors nachzuweisen. Erkenntnisse über diese wichtige Interaktion samt ihren zugrundeliegenden molekularen Signalen könnten wesentlich zur Entwicklung neuer Therapieansätze beitragen.

Das Pleuramesotheliom ist eine seltene, aber äußerst aggressive Krebserkrankung der Auskleidung des Brustkorbs. Der überwiegende Teil der Fälle wird durch das Einatmen von Asbestfasern verursacht.  Während das Tumorwachstum bei den meisten Krebsarten stark durch aktivierende Mutationen in wachstumsstimulierenden Genen, sogenannten Onkogenen, vorangetrieben wird, sind beim Pleuramesotheliom hauptsächlich inaktivierende Mutationen in wachstumsunterdrückenden Genen, sogenannten Tumorsuppressorgenen, bekannt. Die hohe Aggressivität des Pleuramesothelioms in Abwesenheit von wachstumsfördernden Onkogenen könnte daher von einer verstärkten Stimulation der Krebszellen durch Zellen in der Umgebung des Tumors, dem Tumor Microenvironment, abhängen. Insbesondere Fibroblasten, die ihrerseits durch Signale der Krebszellen aktiviert werden und dann als Cancer-Associated Fibroblasts oder kurz CAFs bezeichnet werden, kommen für diese entscheidende Rolle in Frage.

In einer kürzlich im Fachjournal „Journal of Experimental & Clinical Cancer Research“ veröffentlichen Studie gelang es einer Gruppe von Forschern der Medizinischen Universität Wien und der Universität Wien unter der Leitung von Michael Grusch (Zentrum für Krebsforschung) erstmals CAFs aus Tumorgewebe von Mesotheliompatient:innen zu isolieren und zu charakterisieren. Das Forschungsteam konnte zeigen, dass Meso-CAFs, wie diese mesotheliom-assoziierten Fibroblasten getauft wurden, und die von ihnen produzierten Wachstumsfaktoren die Aggressivität der Mesotheliomzellen und auch ihr Ansprechen auf Therapien maßgeblich beeinflussen.

Meso-CAFs weisen sowohl morphologisch als auch auf der DNA, RNA und Protein Ebene klare Unterschiede zu Mesotheliomzellen auf. Darüber hinaus unterscheidet sich insbesondere die Zusammensetzung der aktiv sezernierten Proteine von denen normaler (nicht-aktivierter) Fibroblasten. In zweidimensionalen (2D) und dreidimensionalen (3D) Zellkulturexperimenten konnte gezeigt werden, dass die Präsenz von Meso-CAFs eindeutig das Wachstum der Krebszellen, sowie deren Migrationspotential erhöht. Unter Verwendung von konditioniertem Medium der Meso-CAFs konnten diese Effekte reproduziert und somit bestätigt werden, dass die Stimulation der Krebszellen hauptsächlich auf sezernierten Faktoren der Meso-CAFs beruht. Die Behandlung der Krebszellen mit konditioniertem Medium normaler Fibroblasten erreichte hingegen nicht diese Wirkung. Mit Inhibitoren spezifischer Signalwege (c-MET/PI3K oder WNT) konnte der stimulierende Effekt der Meso-CAFs blockiert werden. Die Identifizierung konkreter stimulierender Signalwege stellt eine wichtige Information für die weitere Evaluierung dieser Inhibitoren als mögliche Krebsmedikamente dar.

Die Wissenschaftler konnten ebenfalls zeigen, dass die Präsenz der Meso-CAFs die Wirkung bestehender Krebsmedikamente auf die Krebszellen beeinflussen kann. Es zeigte sich, dass die Anwesenheit der Meso-CAFs die Behandlungseffizienz mit dem Chemotherapeutikum Cisplatin nicht verringerte, sondern sogar noch verstärkte. Dagegen sorgten sie bei der Behandlung von Krebszellen mit dem EGFR Inhibitor Erlotinib für eine Verminderung des therapeutischen Effekts, was teilweise erklären könnte, weshalb klinische Studien mit EGFR Inhibitoren beim Pleuramesotheliom keine Erfolge zeigten.

Insgesamt machen die Ergebnisse der Studie deutlich, dass Meso-CAFs einen wesentlichen Einfluss auf das Zellwachstum und die Migration von Mesotheliomzellen haben und damit zwei grundlegende Merkmale der Aggressivität des Pleuramesothelioms maßgeblich mitbestimmen. Zudem kann durch ihre Präsenz die Wirkung von Krebsmedikamenten beeinflusst und verändert werden. Diese Erkenntnisse könnten einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung neuer Ansätze in der Therapie des Pleuramesothelioms leisten und damit die Prognose für Patient:innen verbessern.

 

Publikation: Journal of Experimental & Clinical Cancer Research

"Mesotheliomaassociated fibroblasts enhance proliferation and migration of pleural mesothelioma cells via cMet/PI3K and WNT signaling but do not protect against cisplatin"

Alexander Ries, Daniela Flehberger, Astrid Slany, Christine Pirker, Johanna C. Mader, Thomas Mohr, Karin Schelch, Katharina Sinn, Berta Mosleh, Mir Alireza Hoda, Balazs Dome, Helmut Dolznig, Georg Krupitza, Leonhard Müllauer, Christopher Gerner, Walter Berger & Michael Grusch

DOI: https://doi.org/10.1186/s13046-022-02582-0