In einem europaweiten Leuchtturmprojekt beteiligt sich das Comprehensive Cancer Center (CCC) von MedUni Wien und AKH Wien an der Gründung einer gemeinnützigen GmbH, die es in Zukunft ermöglicht, maßgeschneiderte Therapien für die aggressivsten Arten von Kinderkrebs zu entwickeln. Es handelt sich dabei um die Fortführung des mit 16 Millionen Euro dotierten EU-Projekts ITCC-P4 (Innovative Therapies for Children with Cancer: Paediatric Preclincal Proof-of-Concept Platform), in dem eine präklinische Testplattform zur Erforschung von Tumoren bei Kindern etabliert wurde. Zu diesem Anlass kam die Spitze der Kinderonkologieforschung in Europa Anfang Oktober nach Wien an die Medizinische Universität.
„Obwohl viele Kinderkrebsarten schon gut therapiert werden können, gibt es sehr aggressive Formen, die bis heute nicht heilbar sind. Aufgrund der Seltenheit dieser Tumoren war es bisher sehr schwer, bessere Therapien an geeigneten Modellen zu entwickeln“, so Johannes Gojo vom Comprehensive Cancer Center Vienna und der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde von MedUni und AKH Wien. Im mit 16 Millionen Euro geförderten EU-Projekt ITCC-P4 haben sich Universitäten, Pharmafirmen und CROs (Clinical Research Organizations im Auftrag der Industrie) im Jahr 2015 zusammengeschlossen, um diese wesentliche Lücke in der Entwicklung neuer Therapien gegen Kinderkrebs zu schließen. So entstand die weltweit größte Plattform, die es auf Basis detaillierter molekularer Daten im Bereich Kindertumoren ermöglicht, innovative Therapien maßgeschneidert nach molekularen Profilen zu testen und weiter zu entwickeln.
Innovative Therapien gegen Kinderkrebs
Die Gründung der gemeinnützigen GmbH ITCC P4 aus 12 universitären Einrichtungen und 3 CROs stellt ein europaweites Leuchtturmprojekt dar. Es stellt sicher, dass die etablierten Tumormodelle in Zukunft nicht nur innerhalb des Konsortiums, sondern auch von anderen Forschenden kooperativ genutzt werden können. Somit können neue Medikamente gezielt für Kinderkrebs schneller und besser getestet werden. ITCC P4 stellt dabei sicher, dass die erwirtschafteten Gelder auch in Zukunft für Forschungszwecke in diesem Bereich eingesetzt werden. „Die Medizinische Universität Wien beteiligt sich aufgrund des hohen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Impacts an diesem Projekt. Wir möchten die Forschung in diesem Bereich schneller vorantreiben und deren Ergebnisse zu den Patient:innen bringen“, erklärt Michaela Fritz, Vizerektorin für Forschung und Innovation an der MedUni Wien das Engagement. In Zukunft werden dadurch zielgerichtetere und effizientere Therapien für Kinderkrebs möglich sein.
Spitze der Kinderonkologieforschung in Wien
Das multizentrische Forschungsprojekt ITCC-P4 wurde vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ, Heidelberg) und dem Institut Gustave Roussy (Paris) gemeinsam mit Partnern der Industrie geleitet, wobei unter anderem auch das Princess Maxima Zentrum Utrecht und die Charité Berlin beteiligt waren. Die MedUni Wien ist in diesem Forschungsbereich führend vertreten und beteiligte sich mit einer translationalen CCC-Kooperation des Zentrums für Krebsforschung (Walter Berger), der pädiatrischen Neuro-Onkologie an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde (Johannes Gojo), der Universitätsklinik für Neurochirurgie (Daniela Lötsch) und des Klinischen Instituts für Neurologie (Christine Haberler). Die Kooperationsplattform des CCC verfügt über eine besondere Expertise in der Etablierung von Zell- und Organoidmodellen im Bereich von Hirntumoren bei Kindern und ist an innovativen Studien zur besseren molekularen Charakterisierung dieser teils hochaggressiven Tumore beteiligt. Das belegen aktuelle Publikationen zur Erforschung neuer Therapien für aggressive Ependymome.
Präklinische Testplattform als Basis für Präzisionsmedizin
In Österreich erkranken etwa 100 Kinder im Jahr an einem primären Hirntumor. Genom-weite Analysen zeigen immer mehr, dass es sich dabei um eine Vielzahl von zwar molekular präzise definierbaren, aber oft äußerst seltenen Erkrankungen handelt. Um auf die nötigen Fallzahlen für klinische Studien zu kommen, sind internationale Kooperationen unerlässlich. Das setzt voraus, dass nur die vielversprechendsten Therapieansätze tatsächlich klinisch getestet werden. Hier setzt das EU-Forschungsprojekt ITCC-P4 an, das von „Innovative Medicines Initiative 2“ (IMI-2), einer Kooperation der EU und der pharmazeutischen Industrie finanziert wurde: Um die bestmöglichen Therapiestrategien für Tumorerkrankungen bei Kindern herauszufiltern, wurde europaweit eine Plattform für präklinische Testmodelle aufgebaut. Dabei handelt es sich neben transgener Mausmodelle um Transplantationsmodelle und Organoide humaner Tumorproben. Walter Berger: „Die präklinische Plattform, die wir mitetabliert haben, kann für aussagekräftige, präklinische Substanztestungen herangezogen werden. Die Aktivität der neuen Therapien kann mit den genetischen Veränderungen und anderen Biomarkern abgeglichen werden, um somit jene Kinder mit der größten Chance eines Therapieerfolgs herauszufiltern. Damit kann man auch seltenen Erkrankungen mittelfristig den Zugang zur Präzisionsmedizin öffnen.“